Eucharistie feiern

Wie wir Eucharistie oder Abendmahl feiern, hat sich im Laufe der Kirchengeschichte immer wieder verändert und wird sich weiter verändern. Der Kern aber bleibt gleich: Wir tun, was Jesus getan und seinen Jünger:innen aufgetragen hat.

Jesus hielt oft und gerne Mahl. Er speiste mit seinen Jünger:innen, mit Pharisäern, Zöllnern und Dirnen. Dabei wusste er sich der jüdischen Tradition verpflichtet. Die Menschen erfuhren in der Mahlgemeinschaft mit Jesus Vergebung und Heil und erkannten darin den Anbruch des Gottesreiches. Es erstaunt darum nicht, dass Jesus das Mahl als sein Vermächtnis hinterliess.

Ob bei der wunderbaren Speisung der Menge, beim Letzten Abendmahl oder beim Mahl mit den Emmaus-Jüngern nach der Auferstehung Jesu: Die Schriften des Neuen Testaments berichten von vier Handlungen, die Jesus jeweils vollzieht: Er nimmt Brot, Fisch oder Wein, spricht das Dankgebet, bricht das Brot und reicht die Speisen oder lässt sie weiterreichen.

Gemäss dem Auftrag Jesu beim letzten Abendmahl: «Tut dies zu meinem Gedächtnis» vollziehen wir diese vier Handlungsschritte in jeder Eucharistiefeier.1

Das Mahl mit den Emmausjüngern, Matthias Stom, zw. 1620-40 n. Chr.

Brot und Wein nehmen – die Gabenbereitung

Beim Letzten Abendmahl nahm Jesus Brot und Wein. Diese Naturalien haben in der jüdisch-christlichen Tradition eine hohe symbolische Bedeutung. Brot als Grundnahrungsmittel steht für den Alltag, Wein als edler Traubensaft für Festfreude. Beide entstehen erst durch das Zusammenwirken von Mensch und Natur.2 Brot und Wein symbolisieren die menschliche Existenz.

Im Idealfall bringen die Teilnehmer:innen an der Eucharistiefeier selber Brot und Wein, andere Naturalien oder (Geld-)Spenden für Bedürftige zum Altar. Sie bringen mit den Gaben zeichenhaft sich selbst, ihren Alltag, ihre Mühen und Plagen, aber auch ihr schöpferisches Tun, ihre Freude und Hoffnung. Ein Lied zur Gabenbereitung bringt es auf den Punkt: «Herr, wir bringen in Brot und Wein unsere Welt zu dir.»3

Mit dem Gang zum Altar vertrauen sie sich, ihre Mitmenschen und die Welt Gott an. Sie drücken mit dieser Form der Teilnahme ihre Bereitschaft aus, sich der Lebenshingabe Jesu anzuschliessen und sich – wie Brot und Wein – verwandeln, heilen, heiligen zu lassen.

Dank sagen – das Hochgebet

Jedes jüdische Mahl beginnt mit einem Lobpreis, einer Beraka. Darin wird Gott für die Gaben der Schöpfung gedankt, für den Bund mit seinem Volk und für sein Wirken in der Geschichte des Volkes.

Jesus hat dieses Gebet bei seinen Mahlfeiern praktiziert. Die Kirche führt es gemäss seinem Auftrag weiter im Eucharistischen Hochgebet, in dem Gott besonders gedankt wird für sein Wirken in und an Jesus Christus. Das Hochgebet bildet die Mitte und den Höhepunkt des Gottesdienstes und gibt der Feier als Ganzer den Namen Eucharistie (griechisch = Danksagung).

Nach jüdisch-christlichem Verständnis ist der Dank stets mit dem Gedenken verbunden. Damit ist kein nostalgischer Blick zurück gemeint. Indem wir dankbar an frühere Zeiten erinnern, indem wir einander erzählen, wie Menschen damals das befreiende Handeln Gottes (in seinem Volk und durch Jesus) erlebt haben, bestärken wir uns gegenseitig darin, dass Gott auch uns heute und künftige Generationen nicht im Stich lässt. Wir halten die Hoffnung wach auf Befreiung hier und heute und vollständig am Ende der Zeiten.

Das Gedenken im Hochgebet gipfelt im Ruf der Gemeinde: «Deinen Tod, o Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.»

Jedes Mal wenn wir in der Eucharistiefeier des Todes und der Auferstehung Jesu Christi gedenken, bringen wir die Überzeugung ins Wort, dass Unrecht, Gewalt und Tod nicht das letzte Wort haben, dass sie überwindbar sind und einmal ganz überwunden werden. Vor dieser Botschaft fürchten sich alle, die sich mit Unrechtsverhältnissen arrangieren oder Gewalt als legitimes Herrschaftsmittel einsetzen.

Die Eucharistie als Danksagung und Gedächtnisfeier ist gegenwartsrelevant. Sie kann sogar Sprengkraft entfalten und zur «gefährlichen Erinnerung» (Johann Baptist Metz) werden.

Brot brechen

Die Jünger von Emmaus erkannten Jesus am Brechen des Brotes. Es muss eine für Jesus typische Geste gewesen sein.

In der frühen Kirche hatte das Brotbrechen eine viel grössere Bedeutung als heute und gab der ganzen Feier seinen Namen. Die Handlung konnte lange dauern, so dass dazu Litaneien gesungen wurden; das Agnus Dei erinnert heute noch daran.

Es war ein besonderer Moment innerhalb der Feier, denn der Brotlaib musste auseinandergerissen, ein Ganzes musste zerteilt werden, damit alle von ihm essen konnten. Das gebrochene Brot stand zeichenhaft für die Hingabe Jesu. Er liess sich brechen, damit alle Anteil an ihm erhielten.

Durch die Einführung von Hostien, kleinen mundgerechten, vorgestanzten Brotscheiben, ging ab dem 12. Jahrhundert nicht nur die eigentliche Brotgestalt verloren, sondern weitgehend auch die Symbolik des Brotbrechens.

Bis ins 20. Jahrhundert hinein erschien es den Gläubigen in der katholischen Kirche wichtiger, Christus in der vollkommenen Gestalt einer runden Hostie anzuschauen und anzubeten als Brot zu brechen und zu essen. Das entsprach aber nicht dem Auftrag Jesu: Nehmt und esst!

Dass Jesus sich brechen liess, damit andere ganz und heil werden, dass er seine leibliche Integrität aufgab, damit andere ins Leben integriert werden, dass er sich aufgezehrt hat, damit andere von ihm zehren können, bleibt bis heute eine Provokation, gerade auch für Menschen, die in seiner Nachfolge stehen.

 

Brot und Kelch reichen – die Kommunion

Beim Letzten Abendmahl fügt Jesus dem Austeilen von Brot und Wein eine weitere Dimension hinzu. Er ist nicht nur Gastgeber, sondern er identifiziert sich mit den Gaben. Wer vom ausgeteilten Brot isst und aus dem gereichten Kelch trinkt, erhält Anteil an der Person und am Schicksal Jesu.

So wie Brot und Wein durch den Verzehr uns einverleibt werden, so soll Christus in uns und durch uns leben. Die Begegnung und Vereinigung mit Christus geschieht aber nicht allein auf individueller Ebene, ebenso wichtig, wenn auch weniger häufig im Bewusstsein, ist die gemeinschaftliche Dimension, die im Wort communio (lateinisch = Gemeinschaft) zum Ausdruck kommt: Alle, die von dem einen Brot essen, das der Leib Christi ist, werden untereinander verbunden zu einer Gemeinschaft, zu dem einen Leib Christi (vgl. Erster Korintherbrief 10,17).

  1. Vgl. hierzu und zur Liturgie der Eucharistie allgemein: Gunda Brüske / Josef-Anton Willa: Gedächtnis feiern – Gott verkünden (Studiengang Theologie Band VII: Liturgiewissenschaft). Zürich, Theologischer Verlag, 2. Aufl. 2016, S. 206-274.
  2. Das Gabengebet der Eucharistie spricht von der «Frucht der Erde (bzw. des Weinstocks) und der menschlichen Arbeit» (Messbuch für die Bistümer des deutschen Sprachgebietes. Kleinausgabe 1975. S. 344f.)
  3. Gotteslob. Katholisches Gebet- und Gesangbuch. Ausgabe 2013, Nr. 184.

     

    Bildnachweise: Titelbild: Picknick mit Brot und Wein, Unsplash@kate_gliz / Bild 1: Das Mahl mit den Emmausjüngern, Matthias Stom, zw. 1620-40 n. Chr., Öl auf Leinwand, heute im Musée de Grenoble. Wikimedia Commons / Bild 2: Priester mit gebrochener Hostie. Unsplash@sbrison / Bild 3: Eine Gruppe stösst mit Rotwein an. Unsplash@kelsoknight

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